Krise am Energiemarkt – Wie die Bundesregierung die Gasversorgung sicherstellen möchte
Das Bundeskabinett hat am vergangenen Dienstag ein umfassendes Gesetzespaket beschlossen, welches weitreichende Eingriffe in den Gasmarkt ermöglicht. Im Mittelpunkt stehen Änderungen des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG).
Einen Überblick über die wichtigsten Änderungen und Maßnahmen erhalten Sie von der cp energie.
Die wichtigsten Fragen und Änderungen im Überblick
§24 Energiesicherungsgesetz
Der Paragraf 24 des im Mai 2022 novellierten Energiesicherungsgesetzes schafft bereits jetzt die Möglichkeit, höhere Einkaufspreise an die Endabnehmer weiterzureichen. Voraussetzung ist das Vorliegen der dritten Eskalationsstufe („Alarmstufe“) des Nofallplans Gas. Mit der aktuellen Novellierung wird die Regelung präzisiert. Insbesondere wird darin klargestellt, dass es keinen Automatismus zwischen der Ausrufung einer Eskalationsstufe des Notfallplans Gas und der Aktivierung des §24 EnSiG gibt.
Laut einem internen Regierungspapier ist die Zielsetzung, die gängigen Marktmechanismen und Lieferketten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und Kaskadeneffekte zu verhindern. Können die Energieversorgungsunternehmen aufgrund verminderter Gasimporten die deutlich steigenden Beschaffungskosten nicht aus vorhandenen Mitteln finanzieren oder ihre geschlossenen Lieferverträge nicht erfüllen, drohen finanzielle Engpässe bis hin zu einer Insolvenz. Dies zieht wiederum ernsthafte Störungen entlang der Lieferkette nach sich. Um dies zu vermeiden, sind Preisanpassungen ausnahmsweise, befristet und unter engen Voraussetzungen zulässig.
§26 Energiesicherungsgesetz
Alternativ zu den Preisanpassungen nach §24 EnSiG wird mit dem neuen §26 EnSiG die Schaffung eines Umlagemechanismus ermöglicht, der im Entwurf des Gesetzes als „saldierte Preisanpassung“ bezeichnet wird. Eine unabhängige Institution soll demnach die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung ermitteln und diese über eine Umlage auf alle Gasverbraucher verteilen. Voraussetzung ist auch hier das Vorliegen der dritten Eskalationsstufe („Alarmstufe“) des Notfallplans Gas. Anspruchsberechtigte der Umlage sind Gasimporteure, die erheblich mehr Geld für die Gasbeschaffung ausgeben müssen, um ihren vertraglichen Lieferpflichten nachkommen zu können.
Um Unternehmen, deren derzeitiger Energieversorger das Erdgas aus Russland und nicht beispielsweise aus Norwegen importiert, nicht zu benachteiligen oder in eine existenzbedrohliche Lage zu bringen, wird die Preisanpassungsklausel nach § 24 nun um die Umlage nach §26 ergänzt. Die Mehrkosten sollen mittels Umlage auf alle Gasabnehmer gleichmäßig verteilt werden.
§29 Energiesicherungsgesetz
Mit dem Paragrafen 29 des Energiesicherungsgesetzes wird die Voraussetzung geschaffen, dass sich der Bund – etwa über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) – an Unternehmen beteiligen kann. Hierbei werden Hindernisse für eine rasche Beteiligung beseitigt, sofern bei einer Insolvenz die Versorgungssicherheit gefährdet wäre. Hierzu zählt unter anderem die Verpflichtung, allen Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten, sobald er die Kontrolle erlangt. Stille Einlagen wären auch ohne Zustimmung der Aktionäre möglich. Im Rahmen einer Hauptversammlung sollen es zudem möglich sein, dem Bund das Bezugsrecht neuer Aktien unterhalb des derzeitigen Aktienkurses zu erlauben.
Warum werden die Änderungen des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) so schnell vollzogen?
Am 11. Juli 2022 beginnt die auf zehn Tage angesetzte Wartung der Ostseepipeline Nord Stream 1. Es besteht die Befürchtung, dass Russland die Wartungsarbeiten als Vorwand nutzt, um Nord Stream 1 dauerhaft außer Betrieb zu nehmen. Bereits vor wenigen Wochen hat Gazprom die Lieferungen durch Nord Stream 1 um 60 Prozent reduziert. Die Furcht vor zunehmenden Angebotsengpässen hat die Gaspreise bereits auf den höchsten Stand seit Kriegsbeginn steigen lassen. Würde der Gastransport ganz eingestellt, würde sich die Gasversorgungskrise weiter zuspitzen, weitere Preissprünge am Spotmarkt für Gas wären wahrscheinlich.
Die Zielsetzung, die deutschen Erdgasspeicher bis zum 1. Oktober 2022 auf einen Füllstand von 80 Prozent zu bringen, wäre nach übereinstimmender Expertenmeinung kaum mehr erreichbar. Wenn also der Gastransport durch die Ostseepipeline tatsächlich zum Erliegen kommt, müssen die verschiedenen Instrumente bereits beschlossen sein, um sie einleiten zu können. Am kommenden Freitag ist eine Abstimmung im Bundestag und Bundesrat geplant. Aufgrund der erwartbaren Zustimmung der Regierungsparteien sowie aus weiten Teilen der Opposition gilt die Zustimmung jedoch als nahezu sicher.
Wird Unternehmen der Umstieg von Gas auf die Ersatzbrennstoffe Öl oder Kohle erleichtert?
Ja. Behörden dürfen von Vorgaben im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) abweichen. Das soll es Unternehmen erleichtern, ihren Erdgasbedarf durch Öl oder Kohle zu ersetzen. Durch den Brennstoffwechsel steigt die Umweltbelastung, da Öl und Kohle deutlich umweltschädlicher verbrennen. Das betrifft beispielweise auch den Ausstoß von Schwefel. Das löst unter normalen Bedingungen langwierige Genehmigungsprozesse aus. Angesichts der Krisensituation soll die Umstellung deutlich erleichtert und somit beschleunigt werden.
Welche Hilfen gibt es für energieintensive Branchen?
Die Bundesregierung will zusätzlich zu den bestehenden Hilfen ein weiteres Hilfsprogramm für die energieintensive Industrie auflegen. Die Planungen der Regierung sehen vor, dass betroffene Industrieunternehmen einen Zuschuss ohne Rückzahlungspflicht zu ihren gestiegenen Erdgas- und Stromkosten von bis zu 50 Millionen Euro erhalten können. Das Zuschussprogramm soll den Angaben zufolge ein Gesamtvolumen von fünf bis sechs Milliarden Euro haben. Eine konkrete Vorgehensweise zur Antragstellung sowie den gelten Rahmenbedingungen ist weiterhin nichts veröffentlicht.
Wie geht es weiter?
Am Anfang der Rettungskette sollen die in Paragraf 29 EnSiG geregelten Staatshilfen stehen. Hierdurch würde vorerst keine Umlage (§26 EnSiG) oder eine Preisanpassungsklausel (§24 EnSiG) zum Einsatz kommen. Da der Staat jedoch nicht zeitlich und finanziell unbegrenzt die Mehrkosten ausgleiche kann, dürfte im nächsten Schritt über die Umlage nach §26 EnSiG und im letzten Schritt über die Preisanpassungsklausel nach §24 EnSiG nachgedacht werden. Eine gesetzlich festgelegte Reihenfolge der Maßnahmen wird jedoch nicht in Betracht gezogen. Es handelt sich hierbei lediglich um einen „Baukasten“ an möglichen Instrumenten.
Was kann ich als Unternehmen nun tun und wie kann Ihnen die cp energie dabei helfen?
Der Prozess der Dekarbonisierung ist nicht nur für Klima und Umwelt von Vorteil, sondern bietet auch Unternehmen die Chance, sich künftig verstärkt auf die dezentrale Energieerzeugung zu fokussieren und so auch unabhängiger von den Folgen des Ukraine-Krieges zu werden.
Zur Unterstützung von Unternehmen bei der Reduzierung ihrer Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, bestehen aktuell sehr attraktive Fördermöglichkeiten: Mit einem Zuschuss von 50%-60% der Beratungskosten werden Transformationskonzepte vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert. Ziel des Transformationskonzepts ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes – unter anderem durch die Bewertung und ggf. Auslegung von technischen Maßnahmen in einem unternehmens- bzw. standortübergreifenden Konzept. Gerne erstellen wir entsprechende Konzepte und unterstützen bei der Antragsstellung.
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